Klageverzicht in Aufhebungsvertrag

Ein in der Praxis häufiger Fall: Der Arbeitgeber wirft dem Arbeitnehmer einen schweren Verstoß gegen den Arbeitsvertrag vor, wie etwa Diebstahl, Arbeitszeitbetrug oder schweress Mobbing eines Kollegen. Er konfrontiert den Arbeitnehmer und stellt ihn vor die Wahl, ob er einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen oder die fristlose Kündigung erhalten möchte. Der Aufhebungsvertrag ist bereits vorbereitet und enthält neben den notwendigen Regelungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch einen Passus, mit dem der Arbeitnehmer für die Zukunft auf die Möglichkeit einer Kündigungsschutzklage oder der Wahrnehmung seiner sonstigen Rechte aus dem Arbeitsverhältnis verzichtet.

Auch, wenn die Vorwürfe unbegründet sind, kann der Arbeitnehmer hier schnell in eine Zwangssituation kommen und aus Angst vor einer Demütigung durch die Kündigung den Vertrag ungeprüft unterschreiben.

Was war passiert?

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich jüngst mit einer solchen Konstellation zu befassen. Einem Einzelhandelskaufmann wurde von seinem Arbeitgeber vorgeworfen, während der Arbeitszeit zwei Tütensuppen im Wert von jeweils etwa EUR 0,99 verzehrt zu haben, ohne diese zu bezahlen. Ihm wurde ein Aufhebungsvertrag vorgelegt, der die beschriebene Klageverzichtsklausel enthielt. Sollte er nicht unterschreiben, würde man die fristlose Kündigung aussprechen und den vermeintlichen Diebstahl zur Anzeige bringen. Der junge Arbeitnehmer versuchte, die Situation zu erklären und die Zahlung nachzuweisen, fand jedoch kein Gehör. Er gab später an, “vollkommen überfordert” und verängstigt gewesen zu sein, also unterschrieb er. Schon nach weingen Tagen bereute er seine Entscheidung und erklärte die Anfechtung des Aufhebungsvertrages.

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr bestätigt, dass die Anfechtung und die Klage auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses trotz des erklärten Klagevrzichts möglich sind (BAG, Urt. v. 12.03.2015, Az. 6 AZR 82/14).

Die Entscheidung stützt sich auf eine AGB-Prüfung:

Ein formularmäßiger Klageverzicht in einem Aufhebungsvertrag, der zur Vermeidung einer vom Arbeitgeber angedrohten außerordentlichen Kündigung geschlossen wird, benachteiligt den Arbeitnehmer dann unangemessen im Sinne des § 307 Absatz 1, Absatz 2, Nr. 1 BGB, wenn ein verständiger Arbeitgeber die angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.

Kurz zusammengefasst folgt die Wirksamkeit der Klageverzichtsklausel jener des Aufhebungsvertrags. Wäre eine außerordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt gewesen (Stichwort: vorherige Abmahnung!) und ist der Aufhebungsvertrag anfechtbar, kann auch der Klageverzicht nicht zu Lasten des Arbeitnehmers wirken.

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